Sprach- und Übersetzungspflichten in der polizeilichen Gefahrenabwehr
Im Feld der Gefahrenabwehr gilt Kommunikation nach wie vor als das erste Einsatzmittel der Polizei. Obwohl § 23 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) Deutsch als Amtssprache festlegt, sind sprachliche Barrieren alltägliche Erfahrungen der Polizeiarbeit. Dies erschwert nicht nur die Aufgabenerfüllung, sondern kann auch Rechte der verfahrensbeteiligten Personen verletzen. Polizeiliche Praxis ist es deshalb auch schon gegenwärtig, bei sprachlichen Schwierigkeiten gegebenenfalls auf andere Sprachen zurückzugreifen. Allerdings fehlt es an einer eindeutigen Verpflichtung zur Kommunikation in anderen Sprachen und einer darunterliegenden Dogmatik zur Mehrsprachigkeit im mündlichen Verwaltungsverfahren.
Im Gegensatz zum monolingualen Ansatz der Gefahrenabwehr besteht im Rahmen der Strafverfolgung die Pflicht, Informationen mehrsprachig zu kommunizieren. Dabei sind Maßnahmen der Gefahrenabwehr teilweise ähnlich intensiv zu solchen der Strafverfolgung, wobei die Grenzen zwischen öffentlicher Sicherheit und Strafverfolgung ohnehin fließend sind. Das macht eine angepasste Auslegung des Amtssprachengrundsatzes notwendig. Dabei berücksichtigt das Vorhaben die Entwicklung der Dogmatik zu Art. 3 Abs. 3 des Grundgesetzes und dem darin festgehaltenen Diskriminierungsverbot wegen der Sprache genauso wie die geschichtliche Entwicklung der deutschen Amtssprache und bisher heran gezogene Rechtsfiguren wie das Sprachrisiko. Auch neueste technologische Entwicklungen und die konkrete polizeiliche Praxis im Umgang mit deutschunkundigen Personen fließen in die Betrachtung ein. Den methodischen Kern des Vorhabens bildet eine rechtsdogmatische Analyse, die von rechtshistorischen Ausblicken und einer rechtsethnografischen Studie flankiert wird. So wird die Frage behandelt, ob die Amtssprachenregelung nicht viel eher als Grundsatz zu verstehen ist, von dem abgewichen werden kann oder muss. Das Vorhaben ist Teil des interdisziplinären Forschungsprojekts „ZuRecht – Die Polizei in der offenen Gesellschaft“.
Forschungsergebnis: | Dissertation an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (2019–2022); wird an der Goethe-Universität Frankfurt unter der Betreuung von Frau Prof. Kießling weitergeführt |
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Forschungsschwerpunkt: | 2. Tendenzen: Internationalisierung, Digitalisierung, Fragmentierung |
Projektsprache: | Deutsch |
Projektstatus: | übergeordnetes Projekt abgeschlossen |
Foto: | © Daria Sannikova 2938197/Pexels |