Verfassungsrechtliche Anforderungen an den Umgang mit zivilem Ungehorsam

Ziviler Ungehorsam ist seit Langem ein zentrales Thema in der politischen The­o­rie. In der Rechtswissenschaft ist das Problem dagegen bislang unterbelichtet – obwohl es einige Grundfragen des Rechts berührt und auch prak­tisch (wieder) relevant ist. Das Promotionsprojekt versucht diese Lücke zu schließen, indem es den Ungehorsam (verfassungs)rechtlich neu vermisst. Konkret soll es darum gehen, ob und – wenn ja – unter welchen Voraus­set­zun­gen ziviler Ungehorsam verfassungsrechtlich geschützt ist.

Im Ergebnis will die Arbeit aufzeigen, dass für so einen Schutz – unter bestimmten Bedingungen – immerhin gute Gründe sprechen: Letztlich dient der Ungehorsam dem Recht, indem er es vor schweren Verstößen bewahrt. Dem Demokratieprinzip läuft das nicht zuwider, weil der Akteur an die Mehrheit grundsätzlich nur appelliert, also nur den „zwanglosen Zwang des besseren Arguments“ einsetzt. Im Gegenteil dient er so sogar demokratischen Wer­ten, indem er die demokratische Legitimation erhöht.

Zur Verfassungsrechtswissenschaft leistet das Projekt auf mindestens dreierlei Weise einen Beitrag:

  1. Es zeigt auf, wie Forderungen von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im Fall des Ungehorsams konvergieren, während beide Konzepte – zumindest in der verfassungsrechtlichen Dogmatik – typischerweise als konfli­gie­rend gedacht werden.  
  2. Es erhellt das Zusammenspiel von subjektiven Rechten und objektiven Garantien wie Staatsstrukturprinzipien, indem es aufzeigt, wie letztere auf das dogmatische Verständnis der ersteren einwirken.
  3. Es zeigt – in einem Versuch, interdisziplinäre Einsichten für das Recht fruchtbar zu machen – wie allgemeine praktische Argumente und juristische Argumentation zusammenhängen und wirft dabei ein neues Licht auch auf die hermeneutische Seite des Recht-Moral-Problems.
     
Forschungsergebnis: Dissertation an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg; begutachtete Zeitschriftenartikel   (2017–2020)
Projektsprache: Deutsch

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