Rücksichtslosigkeit. Möglichkeit, Potenzial und Grenzen einer neuen Zentralkategorie zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit
Bewusst hochriskantes Verhalten wird in der deutschen Strafrechtsdogmatik streng dichotom entweder als bedingt vorsätzliches oder bewusst fahrlässiges Verhalten erfasst, obgleich hiermit Probleme mit Blick auf den Vorsatznachweis im Prozess sowie eine unrechts- und schuldangemessene Bestrafung einhergehen. Zwar fehlt es nicht an Kritik an der herrschenden Abgrenzung zwischen bedingt vorsätzlichem und bewusst fahrlässigem Verhalten, doch bezieht sich diese – wie auch die darauf bezogene Verteidigung der Unterscheidung – in den meisten Fällen nicht auf die Dichotomie als solche, sondern auf die Frage nach dem richtigen Abgrenzungskriterium innerhalb der herrschenden dichotomen Unterscheidung. Das Projekt „Rücksichtslosigkeit. Möglichkeit, Potenzial und Grenzen einer neuen Zentralkategorie zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit“ hat den Anspruch, dieses Paradigma grundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen und die Vorzugswürdigkeit einer trichotomen Unterscheidung der Unrechtsformen zu untersuchen. Die Forschungshypothese ist, dass die Einführung der Rücksichtslosigkeit als eigenständige Unrechtsform zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit die vorgenannten Probleme weitgehend löst, ohne dass es hierdurch zu nicht hinnehmbaren Friktionen in der Strafrechtsdogmatik des Allgemeinen Teils kommt. Eine breit angelegte Untersuchung hierzu steht noch aus. Vereinzelte Diskussionsbeiträge zur Vorzugswürdigkeit einer Trichotomie der strafrechtlichen Unrechtsformen konnten nur einzelne Fragen und Probleme aufgreifen und in der Strafrechtswissenschaft auch keine nachhaltige Diskussion zu dieser Frage auslösen. Diesem Forschungsdesiderat will sich das hier vorgestellte Projekt widmen, wobei sie eine dogmatische Fragestellung mit einer strafrechtstheoretischen sowie rechtsvergleichenden Betrachtungsweise zu verbinden sucht: Zum einen geht es um die Analyse der strafrechtsdogmatischen Unterscheidung von Vorsatz und Fahrlässigkeit, insbesondere mit Blick auf intrinsische dogmatische Wertungswidersprüche und aus der Dichotomie selbst resultierende Probleme für den Vorsatznachweis und eine unrechtsangemessene Bestrafung. Zum anderen soll eine Lösung für die festgestellten Defizite im Zuge einer strafrechtstheoretischen Betrachtung (insb. zur ratio der Vorsatzbestrafung) gewonnen und anhand einer rechtsvergleichenden Auseinandersetzung mit der anglo-amerikanischen Kategorie der recklessness ausgearbeitet werden. Die so gewonnenen Ergebnisse gilt es dann wieder mit Blick auf eine strafrechtsdogmatische Umsetzung und gesetzliche Ausgestaltung de lege ferenda zu überprüfen.
Forschungsergebnis: | Habilitation |
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Projektsprache: | Deutsch |
Foto: | © Phakhawat Wanthaing/Shutterstock_584123854 |