Ein Holzschnitt aus dem Jahr 1508: Eine Magd versucht sich ihres Kindes zu entledigen. Bild: Die Welt der Schweizer Bildchroniken

Feministische Aufklärung im Strafrecht?

Die Behandlung des Kindsmords im strafrechtspolitischen Aufklärungsdiskurs sowie im Preußischen Allgemeinen Landrecht

Das Projekt widmet sich der Frage, ob es im deutschsprachigen Raum im 18. Jahrhundert eine feministische Auf­klä­rung im Strafrecht gab. Ausgehend von einer Analyse der im Strafrecht und der Strafverfolgung anzutreffenden geschlechtsspezifischen Differenzierungen vor Einzug aufklärerischen Gedankenguts wird untersucht, inwieweit die kriminalpolitische Aufklä­rung des 18. Jahrhunderts Forderungen bzw. Erwägungen einer feministischen Auf­klä­rung aufgriff. Anknüpfungspunkt hierfür ist der kontrovers diskutierte und nur von Frauen zu verwirklichende Straftatbestand des Kindsmordes. Der Kindsmord als soziales wie rechtliches Problem kann als ein Kristalli­sa­ti­ons­punkt rechtlicher Aufklärung im 18. Jahrhundert bezeichnet werden. Am Beispiel der rechtspolitischen Dis­kus­sionen um die Regelung des Kindsmordes im Preußischen Allgemeinen Landrecht von 1794 zeigt das Projekt auf, dass trotz der Aufdeckung das wesentlicher Grund für Kindsmorde eine besondere, durch soziale Stigmatisierung und wirtschaftliche Not bedingte Konfliktlage der Frauen war, dass der Fokus der Reform nicht auf der An­erken­nung dieser Konfliktlage, gar auf einer Gleichstellung der Geschlechter oder Frauenrechten lag. Vielmehr zeigt sich, dass die Aufklärung im Strafrecht vorrangig von Überlegungen zur rationalen Strafgesetzgebung und Ver­bre­chens­prävention motiviert war, denen latent ein geschlechterstereotypes Frauenbild zugrunde lag. Daher verlief die Aufklärung im Strafrecht im 18. Jahrhundert weitgehend unabhängig von Fragen der Frauenrechte und der (juridischen) Egalität der Geschlechter.

 

Forschungsergebnis: Aufsatz
Projektsprache: Deutsch
Bild: © Die Welt der Schweizer Bildchroniken
Ein Holzschnitt aus dem Jahr 1508: Eine Magd versucht sich ihres Kindes zu entledigen.

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