Rechts- und Unrechtssphären: Hegels viele Strafbegründungen
Viele LeserInnen der Grundlinien der Philosophie des Rechts halten Hegels Straftheorie für ein Musterbeispiel des Retributivismus. Es gibt jedoch heterodoxe Stimmen, die Hegels Argument mit konsequentialistischen und in vergangenen Jahren auch mit expressivistischen Rechtfertigungen in Verbindung gebracht haben. Immer mehr ForscherInnen vertreten daher die Position, dass Hegels Rechtsphilosophie nicht eine Strafbegründung formuliert, sondern die Basis für eine „gemischte“ oder „vollständige“ Straftheorie legt.
Auf den ersten Blick irritiert die anhaltende Vielseitigkeit dieser Lesarten. Doch es gibt einen intrinsischen Grund dafür, dass die Rechtsphilosophie kompetente LeserInnen dazu antreibt, scheinbar inkompatible Interpretationen anzustellen. Hegels Rechtsbegriff ist weiter als der des gesetzten Rechts. Recht organisiert sich in hierarchisch geordneten Sphären, wozu etwa die bürgerliche Gesellschaft und der Staat gehören. Die normative Reaktion auf Unrecht hängt dementsprechend ab von der spezifischen Rechtssphäre, die in die Aufhebung des Unrechts involviert ist. So ist es etwa möglich, dass im engen Sinn rechtliche Argumente keine gute politische Begründung der Strafe liefern und umgekehrt. In der spannungsreichen Rekonstruktion von Hegels Strafbegriff durch die zeitgenössische Forschung bildet sich die multidimensionale Natur von Recht, Unrecht und Sanktionsregimen ab, die Hegel in der Rechtsphilosophie nachzeichnet.
Dieses Projekt situiert Hegels Strafbegriff in seiner politischen Philosophie neu und gibt so frische Impulse für die politische Theorie des Strafens geben, innerhalb der Hegel-Forschung als auch für die allgemeine Debatte.
Forschungsergebnis: | Zeitschriftenartikel, Buchkapitel |
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Projektsprache: | Englisch |
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