Massenüberwachung von Finanzdaten

Massenüberwachung von Finanzdaten

Vorratsdatenspeicherung und Transaktionsmonitoring

Von Vorratsdatenspeicherung im sicherheitsrechtlichen Kontext spricht man, wenn ohne konkreten strafverfah­rens­recht­li­chen oder gefahrenabwehrrechtlichen Anlass, massenhaft Daten von Personen gespeichert und den Sicherheitsbehörden zur Verfügung gestellt werden. Die EU-Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung von Tele­kommunikationsverkehrsdaten befand der EuGH im Jahr 2014 für rechtswidrig. Der Gerichtshof stellte fest, dass eine solche Vorratsdatenspeicherung ohne jedweden Anlass nur mit den Grundrechten vereinbart werden kann, wenn strenge rechtliche Anforderungen an den Zugriff der Daten gestellt werden, oder die Speicherung von spezi­fi­schen Gefahrensituationen abhängig gemacht wird.
Ein weiteres Feld, in dem Daten vorratsmäßig gespeichert werden, ergibt sich aus den geldwäscherechtlichen Mel­de­pflichten der Finanzdienstleistungsunternehmen. Banken etwa sind dazu verpflichtet, die Transaktionen ihrer Kunden zu überwachen und die relevanten Transaktionsdaten mindestens für 5 Jahre aufzubewahren. Auffälliges Verhalten müssen sie der Financial Intelligence Unit (FIU) melden, die es analysiert und gegebenenfalls an Sicher­heits­behör­den weiterleitet.
Schon die unmittelbare Überwachung durch die Banken stößt dabei auf grundrechtliche Bedenken. Besonders pro­ble­matisch aber ist die Tatsache, dass die von den Banken umfassend gespeicherten Transaktionsdaten verschie­de­nen Sicherheitsbehörden mittelbar über die FIU zur Verfügung gestellt werden. In dieser Hinsicht kann das Geld­wäscherecht mit der ehemaligen Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie über Telekommunikationsdaten durchaus verglichen werden.
In diesem Promotionsprojekt wird untersucht, wie insbesondere die Rechtsprechung des EuGH zur Vorrats­daten­spei­che­rung und verwandte Entscheidungen des BVerfG zu Überwachungsmaßnahmen auf das Geldwäscherecht übertragen werden können. Dabei steht weniger die Rechtmäßigkeit der Transaktionsüberwachung durch private Institutionen im Vordergrund als die Umgehung konventioneller Datenzugriffsmöglichkeiten der Sicher­heits­behör­den durch die Zugriffsermächtigungen des Geldwäscherechts.
Aufbauend auf den umfassenden Diskurs über die (grund-)rechtlichen Implikationen, der die Entwicklung des Geld­wäscherechts begleitet hat, versucht diese Arbeit das System der Finanzdatenüberwachung umfassend zu beschreiben und auf seine Vereinbarkeit mit sicherheitsrechtlichen Grundsätzen hin zu analysieren. Das Projekt steht damit beispielhaft für das Bestreben der Abteilung, unscheinbare, aber fundamentale Herausforderungen für die Grundrechte zu identifizieren und zu begutachten.

 

Forschungsergebnis: Promotion am MPI-CSL und der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (2020–2023)
Projektsprache:Deutsch
Foto:© Expect-Best-351264/Pexels

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