Triage in Zeiten der Pandemie: Rechtliche und ethische Gesichtspunkte
Zahlreiche Länder erlebten und erleben während der Covid-19 Pandemie einen Mangel an lebensrettenden Ressourcen, einschließlich im Hinblick auf die Ausstattung (z.B. Beatmungsgeräte) und die freien Bettenkapazitäten auf Intensivstationen. Aus diesen Situationen ergeben sich schwierige ethische und rechtliche Fragen. Welche Kriterien sollen bei der Entscheidung über die Patienten, die diese knappen Ressourcen bekommen sollen, zum Tragen kommen? Sollen medizinische Erfolgsaussichten eine Rolle dabei spielen und, wenn ja, wie ist „Erfolg“ zu definieren? Ist es vorstellbar oder sogar notwendig, knappe Ressourcen mittels einer Lotterie zu vergeben? Wer soll die positiven und negativen Auswahlkriterien definieren – die Ärzte vor Ort, medizinische Fachverbände oder der Gesetzgeber? Kann jemand wegen Totschlags angeklagt werden, wenn er oder sie ein kontroverses Entscheidungskriterium anwendet und der Patient, der keinen Intensivplatz bekam, verstirbt? Ist die Ex-post-Triage (der Abbruch einer schon eingeleiteten Behandlung zugunsten eines neuen Patienten) strafbar? Dies sind die Fragestellungen, die wir in einem gemeinsamen Projekt der Abteilung Strafrecht und der Abteilung Öffentliches Recht erörtern. In einem ersten Schritt wurde ein Sammelband mit Artikeln von Experten der deutschen Rechts- und Medizinethik veröffentlicht (Tatjana Hörnle, Stefan Huster und Ralf Poscher, [Hrsg.], Triage in der Pandemie, Mohr Siebeck Verlag, 2021). Außerdem führte Elisa Hoven eine repräsentative Meinungsumfrage durch, u.a. mit dem Ergebnis, dass manche Kriterien, die in der rechtlichen Diskussion weitgehend auf Ablehnung stoßen, wie z.B. die bevorzugte Behandlung von Kindern, von der Bevölkerung mehrheitlich als richtig angesehen werden. In einem weiteren Schritt soll die Diskussion mit einem Workshop um eine internationale Perspektive erweitert werden.
Projektsprache: | Deutsch |
Foto: | © Mat Napo/Unsplash |