Philosophische und sicherheitsrechtliche Implikationen des „stochastischen Terrorismus“
Dieses Projekt fokussiert sich auf das Konzept des „stochastischen Terrorismus“, einer zu wenig untersuchten, aber wachsenden Bedrohung für die öffentliche Sicherheit. Wie von führenden Wissenschaftlern beschrieben, beinhaltet stochastischer Terrorismus „die Nutzung von Massenmedien, um willkürliche Akte ideologisch motivierter Gewalt zu provozieren, die statistisch vorhersehbar, aber individuell nicht vorhersehbar sind“ (Hamm, M. S. & Spaaij, R. [2017]. The age of lone wolf terrorism. Columbia University Press). Wenngleich solche Äußerungen zweifellos mit gewaltsamen Folgen verbunden sein können, so fallen sie dennoch nicht unter die direkten Formen der Anstiftung. Die durch dieses spezielle Sicherheitsrisiko beleuchteten Grauzonen werfen interessante philosophische Fragen zu Sprache, Schaden, Verantwortung, Rationalität und Freiheit auf. Zu diesem Phänomen stellt das vorliegende Projekt mindestens drei wichtige, sich überschneidende Fragen: (1) Was macht stochastische Sprache aus? (2) Welche moralischen und politischen Probleme ergeben sich aus der Begrenzung der stochastischen Sprache? Und: (3) Wie sind die öffentlich-rechtlichen Alternativlösungen zu beurteilen? Obwohl die Wissenschaft bislang auf diese indirekten terroristischen Methoden nur begrenzt eingegangen ist, hat das Thema angesichts der jüngsten geopolitischen Ereignisse immer mehr an Bedeutung gewonnen. Beim „Sturm auf das US-Kapitol“ am 6. Januar 2021 randalierten beispielsweise Mitglieder der Unterstützerbasis des ehemaligen Präsidenten Donald Trump auf dem US-Kapitol und brachen in dessen Inneres ein. Obwohl Trumps Sprachgebrauch in den Tagen unmittelbar vor diesem aufrührerischen Ereignis den Tatbestand der Anstiftung vielleicht nicht erfüllt, handelt es sich hierbei wahrscheinlich um einen Fall von stochastischem Terrorismus, der mehrere Erkennungsmerkmale aufweist: aufwieglerische Rhetorik einer einflussreichen Persönlichkeit; ein Publikum, das entsprechend vorbereitet ist und leicht zum Handeln bewegt werden kann, verbunden mit einer konspirativen Bewegung; ein Sprachgebrauch, der glaubwürdig abgestritten werden kann; und eine tatsächliche Sicherheitsbedrohung als Folge. Es besteht also ein dringendes globales und nationales Sicherheitsrisiko, das einer Analyse bedarf: Was ist das Wesen des Problems und welche normativen ethischen Bedenken sind mit der Reaktion darauf verbunden? Methodisch zeichnet sich das Projekt durch sich überschneidende rechtswissenschaftliche und philosophische Analysen aus. Es fügt sich ein in das dreigliedrige Themenraster der Abteilung Öffentliches Recht, insbesondere in die Achse „Grundstrukturen“. Schließlich leistet dieses Projekt wichtige Beiträge zu Debatten in der politischen Philosophie über das Wesen der Freiheit und den Wert der freien Meinungsäußerung und liefert neue Erkenntnisse für all diejenigen, die sich für präventive Fragestellungen des öffentlichen Rechts zur Beschränkung der Meinungsäußerung und zur öffentlichen Sicherheit interessieren.
Forschungsergebnis: | begutachtete Zeitschriftenartikel (2020–2022) |
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Forschungsschwerpunkt: | 1. Grundlagen: Rechtstheoretische Fragen und dogmatische Strukturen |
Projektsprache: | Englisch |
Foto: | © Ehimetalor Akhere Unuabona/Unsplash |