Leihmutterschaft – Interdisziplinäre Analyse und Internationale Perspektive

Leihmutterschaft – Interdisziplinäre Analyse und Internationale Perspektive

Leihmutterschaft ist eine national wie international kontrovers diskutierte Mög­lich­keit der assistierten Kinder­wunsch­erfüllung. Nach deutschem Recht ist sowohl die medizinische Unterstützung zur Herbeiführung der Schwan­gerschaft einer Leihmutter als auch die Vermittlung von Leihmutter und Wunscheltern verboten – insofern kann von einem faktischen Verbot der Leihmutterschaft gesprochen werden. Andere Rechtsordnungen erlauben hingegen die Durchführung von Leihmutterschaften, weshalb zahlreiche ungewollt kinderlose Paare sich für die Reise ins Ausland entscheiden, um dort – unter Umgehung des nationalen Verbotes – eine Leihmutter in Anspruch zu nehmen. Diese Praxis wird seit eines Grundsatzbeschlusses des BGH aus 2014, in welchem der Gerichtshof die Vereinbarkeit der Anerkennung der rechtlichen Elternschaft der Wunscheltern mit dem ordre-public-Vorbehalt feststellte, weitgehend akzeptiert. Die hieraus resultierende komplizierte und inkonsistente rechtliche Situation hat kritische Auseinander­setzun­gen innerhalb der rechtlichen Literatur, insbesondere im Hinblick auf die Verfas­sungs­mäßig­keit der nationa­len Rechtslage sowie den rechtlichen Umgang mit transnationaler Leihmutterschaft, hervor­ge­ru­fen. An diese Kritik soll auch das vorliegende Promotionsprojekt anknüpfen und hierzu in einem ersten Teil die Grundannahmen und Hauptargumente, die gegen die Zulässigkeit von Leihmutterschaft angeführt werden, aus interdisziplinärer Sicht überprüfen. In Anbetracht der moralischen Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Leihmutterschaft stellen, wird neben einer rechtlichen auch eine ethische Perspektive in die Untersuchung einbe­zo­gen. Darüber hinaus for­dert Leihmutterschaft traditionelle Vorstellungen von Mutterschaft und Familie heraus, weshalb die Soziologie, insbesondere die empirische Sozialforschung, als weitere Disziplin herangezogen wird. Basierend auf den Ergebnis­sen des ersten Teils untersucht der zweite Teil, ob ein alternativer rechtlicher Umgang mit Leihmutterschaft der der­zei­tigen Rechtslage vorzuziehen ist. Einige Autor*innen erwägen eine Vergleich­bar­keit der Leihmutterschaft mit der Lebendorganspende, die nach deutschem Recht zulässig ist, wenn auch unter strengen Anforderungen. Allerdings wurde dieser Ansatz bisher nicht weiter ausgeführt. Das Promotionsvorhaben zielt darauf ab, diese Lücke zu schließen und zu untersuchen, ob die rechtlichen Vorgaben für die Lebend­organ­spende auf die Leihmutterschaft übertragen werden können.

 

Forschungsergebnis: Dissertation
Projektsprache: Deutsch
Projektstatus: abgeschlossen
Foto: © Joanna Malinowska/Unsplash


Publikationen

Humbert, S.-M. (2023). Plädoyer für die Legalisierung der Leihmutterschaft: Interdisziplinäre Analyse der Problemfelder und Regulierungsvorschlag am Vorbild der Lebendorganspende (Bd. 12) Studien zum Medizin- und Gesundheitsrecht. Tübingen: Mohr Siebeck.
Humbert, S.-M. (2023). Legalisierungsmodalitäten der altruistischen Leihmutterschaft: Zugangsvoraussetzungen zur Leihmutterschaft im Lichte des Rechts auf reproduktive Selbstbestimmung. Kritische Justiz, 56(1), 46–55. doi:10.5771/0023-4834-2023-1-46
Humbert, S.-M. (2023). Legalisierung der Leihmutterschaft: Regulierung der Leihmutterschaft in Anlehnung an das Transplantationsgesetz. Zeitschrift für Rechtspolitik, 56(3), 70–73.

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