Bürgerschaft und Fragmentierung im Strafrecht
Welche Rolle sollte das Verhältnis zwischen dem Staat und seinen Bürgern im Strafrecht spielen? Viele führende Forschende in der Strafrechtsdebatte argumentieren, dass das Strafrecht auf einer Verbindung zwischen dem Staat und dem Straftäter aufbauen muss. Unter dieser Verbindung werden die gemeinsamen Werte verstanden, die Bürger in einem Staat teilen. Diese gemeinsamen Werte sind unabdingbar für die Legitimität der Strafe. Eine solche Theorie muss aber erklären, wie der Staat mit denjenigen Menschen verfahren soll und darf, die nicht Bürger sind oder nur teilweise mit den Werten der Gemeinschaft verbunden sind. Hierzu kommt das Problem zunehmend fragmentierter Gesellschaften, die gerade dadurch gekennzeichnet sind, dass die Werte innerhalb eines Staates diverser werden. Hält die Strafrechtstheorie, die auf gemeinschaftlichen Werten einer Bürgergemeinschaft basiert, heute also überhaupt noch stand?
Die Tagung, die am 6. Februar 2023 stattfand, hat die Rolle von Bürgerschaft und fragmentierten Gesellschaften für das Strafrecht diskutiert.
Basierend auf dieser Tagung wird ein Sammelband erscheinen, der die Beiträge der Vortragenden und anderen Forschenden zu diesem Thema beinhaltet. Mein Kapitel im Spezifischen diskutiert die Plausibilität von reparativer und restaurativer Gerechtigkeit in fragmentierten Gesellschaften. Einige Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass bspw. restaurative Gerechtigkeit dann weniger Zuspruch findet, wenn die Werte der verschiedenen Betroffenen (vor allem Täter und Opfer) unterschiedlich sind. Es ist also zu befürchten, dass reparative und restaurative Gerechtigkeit besonders in fragmentierten Gesellschaften auf ihre Grenzen stoßen könnten.
Forschungsergebnis: | Workshop (2023); Sammelband (2024/2025) |
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Forschungsschwerpunkt: | III. Strafrecht in fragmentierten Gesellschaften |
Projektsprachen: | Deutsch, Englisch |
Bild: | © iStock.com/tolgart |