Rechtsradikalismus und Strafrecht – am Beispiel des sog. NSU-Prozesses

Rechtsradikalismus und Strafrecht – am Beispiel des sog. NSU-Prozesses

Rechtsradikalismus ist weiterhin eine ernstzunehmende akute Gefährdung der demokratischen Zivilgesellschaft. Dringend stellt sich die Frage, wie gesellschaftspolitisch und rechtsstaatlich darauf zu reagieren ist, sowohl in präventiver wie auch in pönalisierender Hinsicht. Dabei kommt auch dem Strafrecht eine bedeutende Rolle zu. Am Beispiel des sogenannten NSU-Prozesses (2013–2018) wurde diese Rolle näher untersucht, insbesondere hin­sicht­lich Reichweite und Grenzen des Strafrechts und des Strafverfahrensrechts in historischen Prozessen.
Dabei war der Blick auf solche Aspekte gerichtet, wie die Einzeltäter-Theorie bzw. die Trio-Täter-These, die Funktion der Nebenklage und die Berücksichtigung der Opfer und Überlebenden im Prozess, die Urteilsbegründung und die Aufklärung von gesellschaftlichen Ursachen für den NSU, die Verhältnismäßigkeit und die Wirksamkeit der Bestrafung, das Agieren der Verteidigung, die Revisionsfrist im Vergleich mit der Urteilsbegründungsfrist, sowie Schlussfolgerungen, die aus dem Prozess gezogen worden sind. In diesem Zusammenhang wurden auch aktuelle rechtsradikale Gewalttaten, die sich nach dem NSU-Prozess ereigneten, und die Frage, wie darauf reagiert worden ist, mit in die Betrachtungen einbezogen, u.a. die Attentate in Halle (2019), Hanau (2020) sowie die Ermordung des Regierungspräsidenten von Kassel Walter Lübcke (2019). Des Weiteren wurde das nationalsozialistische Straf­recht analysiert, um ein besseres historisches Verständnis darüber zu erlangen, wie demokratisches Strafrecht entsteht und Gestalt nimmt bzw. welche Rolle es bei der Prävention und Bestrafung rechtsextremer Straftaten spielt.
Das Projekt wurde begleitet von einem zweiteiligen Seminar an der Universität Münster, das dort gemeinsam mit Professor Michael Heghmanns veranstaltet wurde. Der erste Teil des Seminars fand im Wintersemester 2019/20 statt, der zweite Teil folgte im Sommersemester 2021. Eine ausführliche Publikation in einem Online-Lexikon bildete den Abschluss des Projekts.

 

Forschungsergebnis: wissenschaftliche Publikationen, Universitätsseminare
Forschungsschwerpunkt: IV. Sonstige Projekte
Projektsprache: Deutsch
Projektstatus: abgeschlossen
Foto: © Jörg Arnold

 

Publikationen

Arnold, J., & Heghmanns, M. (2023). Der NSU-Prozess: Deutschland 2013–2018. In Lexikon der politischen Strafprozesse.
Arnold, J., & Heghmanns, M. (2021). Fortsetzungsbericht über ein besonderes strafrechtliches Seminar an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster: „NSU-Strafprozess und das Urteil“. Zeitschrift für das juristische Studium, 14(6), 829–833.
Arnold, J. (2021). Rezension zu: Alexander Hoeppel, NS-Justiz und Rechtsbeugung. Kritische Justiz. Nomos.
Arnold, J. (2020). Rechtsradikalismus und Strafrecht: einige Betrachtungen aus Anlass des Buches von Kai Ambos "Nationalsozialistisches Strafrecht. Kontinuität und Radikalisierung". In E. Hilgendorf, M. D. Lerman, & F. J. Córdoba (Hrsg.), Brücken bauen: Festschrift für Marcelo Sancinetti zum 70. Geburtstag (S. 37–64) Schriften zum Strafrechtsvergleich. Berlin: Duncker & Humblot.
Arnold, J. (2020). Bericht über ein besonderes strafrechtliches Schwerpunktseminar an der Universität Münster: „Der NSU-Strafprozess“. Zeitschrift für das Juristische Studium, 13(3), 298–300.

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