RADAR-Konzepte könnten die Risikobewertung bei psychisch erkrankten Personen ergänzen
Sicherheitsexperte Ralf Poscher zum Messerattentat von Aschaffenburg
Wieso war der Attentäter von Aschaffenburg noch auf freiem Fuß? Welche weiteren Maßnahmen haben Behörden, um im Vorfeld von Straftaten tätig zu werden? Bei zdfheute erklärt Ralf Poscher, warum Einschätzungen im Rahmen des Unterbringungsrechts so schwierig sind und welche weiteren Instrumente es in der Aufklärungsarbeit gibt.
Nach dem tödlichen Angriff auf eine Kita-Gruppe in Aschaffenburg in der Vorwoche bleiben viele Fragezeichen. Öffentlichkeit und Politik diskutieren nun u. a. über das Thema Abschiebung und mögliche Versäumnisse von staatlicher Seite im Vorfeld der Tat. An vielen Stellen handelt es sich bei den Diskussionspunkten um komplexe Rechtsfragen, weswegen zdfheute nun u. a. Prof. Dr. Ralf Poscher, Direktor am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht, zu dem Thema befragte.
Poscher führt aus, dass das Unterbringungsrecht für Personen gilt, die entweder für sich selbst eine Gefahr sind oder andere gefährden. Solche Personen könnten auch nach aktueller Rechtslage bereits untergebracht werden, selbst wenn sie noch keine Straftaten begangen haben. Das Problem sei vielmehr die äußerst schwierige Einschätzung einer solchen Bedrohungslage für Ärztinnen und Ärzte, da Taten wie in Aschaffenburg meist nicht vorhersehbar seien.
In diesem Zusammenhang ergänzt Poscher, dass Taten, in deren Planung mehrere Personen involviert sind, bereits sehr erfolgreich aufgedeckt und verhindert würden. Bei Einzelpersonen sei dies ungleich schwieriger. Er empfiehlt eine Übertragung der sog. RADAR-Konzepte (Regelbasierte Analyse potentiell destruktiver Täter zur Einschätzung des akuten Risikos) auf die Risikobewertung psychisch erkrankter Personen, die durch Gewalttaten aufgefallen sind. Derartige Konzepte seien angesichts der Vielzahl solcher Straftaten unerlässlich.