Ansteigender Ladendiebstahl
Kriminologe Dietrich Oberwittler im SZ-Interview
Der Einzelhandel hat im vergangenen Jahr einen Anstieg an Ladendiebstählen verzeichnet. Max-Planck-Kriminologe Dietrich Oberwittler spricht im Interview mit der Süddeutschen Zeitung (SZ) über mögliche Ursachen und ordnet die Zahlen in einen zeitlichen Kontext ein.
Laut der Polizeilichen Kriminalstatistik haben Ladendiebstähle im vergangenen Jahr gegenüber dem Vorjahr um 24 % zugenommen. Einer Studie des Handelsverbands EHI zufolge wurde vor allem bei Lebensmitteln ein Anstieg verzeichnet. Dietrich Oberwittler, Kriminologe und Forschungsgruppenleiter am Freiburger Max-Planck-Institut, führt diese Entwicklung u.a. auf die wirtschaftliche Lage, insbesondere auf die Inflation zurück. „Die Leute wollen ihren Lebensstandard halten, und wenn sie die enormen Preisanstiege der letzten Jahre sehen, dann denken manche: Das hole ich mir zurück“, sagt er in der SZ.
Gleichzeitig betont der Kriminologe, dass langfristig gesehen Diebstähle in den vergangenen Jahrzehnten stark abgenommen haben: „Wir sind jetzt beim Ladendiebstahl immer noch bei 40 % weniger Fällen als während des Höhepunkts in der Mitte der 90er-Jahre“. In der öffentlichen Wahrnehmung steige Kriminalität grundsätzlich immer nur an. Das sei eine verzerrte Wahrnehmung, die die Polizei seiner Ansicht nach geraderücken sollte.
Ladendiebstahl ist ein klassisches Delikt von Jugendlichen, so Dietrich Oberwittler weiter. Der Anteil an jungen Frauen sei dabei höher, als bei anderen Delikten. Meistens gehe diese Phase bei Jugendlichen schnell wieder vorbei. „Bei den allermeisten ist das etwas Vorübergehendes, sie wollen Dinge ausprobieren, Grenzen austesten, auch Mutproben spielen eine Rolle – „und dann hört es wieder auf“, erklärt der Experte.
Ladendiebstahl: „Im Laufe des Jugendalters wird fast jeder mal krimininell“. Süddeutsche Zeitung vom 17.07.2024 (Paywall)