Rückfall nach Kinderpornografiedelikten
Zusammenhang zwischen Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch von Kindern
Durch die zunehmende Digitalisierung in allen gesellschaftlichen Bereichen ist auch die Verfügbarkeit und Verbreitung von sogenanntem kinderpornografischem Material über das Internet einfacher geworden. So nahm die Anzahl der Verurteilungen wegen Besitzes und Verbreitung von Bildern und Videos mit kinderpornografischen Inhalten (in der Rechtsterminologie: kinderpornografische Straftaten) stark zu. Aktuell wird diskutiert, ob es ein höheres Strafmaß bei Verurteilungen wegen Kinderpornografie (KP) geben soll. Dieser Argumentation liegt die Annahme zugrunde, dass damit Nachahmungstaten mit Hands-on-Delikten verhindert werden können. Allerdings ist fraglich, ob sich dieser Argumentationsstrang empirisch überhaupt substantiieren lässt. Haben Personen, die KP besitzen und verbreiten, tatsächlich ein besonders hohes Risiko, Hands-on-Delikten zu begehen? Diese Frage ist von besonderer Relevanz, da solche prognostischen Beurteilungen häufig in Sanktionsentscheidungen einfließen. Auch Jugendämter und Familiengerichte sehen sich immer öfter mit der Frage konfrontiert, ob Personen, die KP besitzen oder verbreiten, ein besonders hohes Risiko für Hands-on-Delikte im Bereich sexuellen Kindesmissbrauch aufweisen.
Forschungsergebnisse: | wissenschaftliche Artikel |
---|---|
Projektsprache: | Deutsch |
Foto: | © Jake Walker/Unsplash |
Detaillierte Projektbeschreibung
Das Ziel dieses Projekts ist es, zu einem besseren Verständnis der Rückfalldynamik von wegen KP-Delikten verurteilten Personen beizutragen. Ausgangspunkt ist dabei die Annahme, dass wegen KP-Delikten Verurteilte keine heterogene Gruppe darstellen, sondern verschiedenen Untergruppen zugeordnet werden können. Eine Untergruppe besteht vermutlich aus Personen, die aus reiner Neugierde oder vor dem Hintergrund des ubiquitären jugendlichen kriminellen Verhaltens handeln. Die zweite Untergruppe könnten Personen mit pädophiler oder hebephiler sexueller Neigung bilden, die Pornographie zur sexuellen Befriedigung nutzen, selbst aber keine Hands-on-Delikte begehen. Während davon ausgegangen wird, dass diese beiden Untergruppen keine Hands-on-Delikte begehen, steht eine dritte Untergruppe im Mittelpunkt der Untersuchung: Personen, deren abweichendes Verhalten sowohl den sexuellen Missbrauch von Kindern als auch die Verbreitung und den Besitz von Missbrauchsbildern umfasst. Die Verbindung zwischen KP und Hands-on-Delikten könnte in dieser Untergruppe bei einigen korrelativ sein (die Täter wechseln abhängig von Gelegenheiten oder Kontext. zwischen Hands-on-Delikten und dem Gebrauch von Bildern) und bei anderen eher kausal, wie es von der Nachahmungs- bzw. Lernhypothese postuliert wird.
Das Ziel dieses Projekts ist es, zu einem besseren Verständnis der Rückfalldynamik von wegen KP-Delikten verurteilten Personen beizutragen. Ausgangspunkt ist dabei die Annahme, dass wegen KP-Delikten Verurteile keine heterogene Gruppe darstellen, sondern verschiedenen Untergruppen zugeordnet werden können. Eine Untergruppe besteht vermutlich aus Personen, die aus reiner Neugierde oder vor dem Hintergrund des ubiquitären jugendlichen kriminellen Verhaltens handeln. Die zweite Untergruppe könnten Personen mit pädophiler oder hebephiler sexueller Neigung bilden, die Pornographie zur sexuellen Befriedigung nutzen, selbst aber keine Hands-on-Delikte begehen. Während davon ausgegangen wird, dass diese beiden Untergruppen keine Hands-on-Delikte begehen, steht eine dritte Untergruppe im Mittelpunkt der Untersuchung: Personen, deren abweichendes Verhalten sowohl den sexuellen Missbrauch von Kindern als auch die Verbreitung und den Besitz von Missbrauchsbildern umfasst. Die Verbindung zwischen KP und Hands-on-Delikten könnte in dieser Untergruppe bei einigen korrelativ sein (die Täter wechseln abhängig von Gelegenheiten oder Kontext. zwischen Hands-on-Delikten und dem Gebrauch von Bildern) und bei anderen eher kausal, wie es von der Nachahmungs- bzw. Lernhypothese postuliert wird.
Im Rahmen des Projektes wird zunächst der aktuelle Forschungsstand aufbereitet und analysiert. Des Weiteren werden anhand eines dem Max-Planck-Institut zur Verfügung stehenden umfangreichen Datensatzes eigene statistische Analysen zu Häufigkeiten und Rückfalldynamiken von Straftaten durchgeführt. Die zwei Hauptziele der Studie fokussieren auf die besonders problematische dritte Untergruppe: Einerseits soll eine Annäherung an den tatsächlichen Umfang dieser Gruppe gelingen, andererseits sollen, soweit möglich, spezifische Merkmale dieser Subgruppe identifiziert werden. Dabei werden pseudonymisierte Daten des Bundeszentralregisters (BZR) verwendet, in dem sämtliche Verurteilungen erfasst werden (siehe auch das Projekt „Legalbewährung nach strafrechtlichen Sanktionen“, eine Längsschnittstudie, in der das kriminelle Verhalten von allen verurteilten Einzelpersonen in Deutschland über einen langen Zeitraum analysiert wird).
Die vorläufigen Ergebnisse zeigen, dass von den Straftätern der ersten Untergruppe (Personen, die ausschließlich wegen KP-Delikten verurteilt wurden) innerhalb eines Follow-up-Zeitraums von drei und sechs Jahren nur eine sehr kleine Minderheit (1 %) mit Hands-on-Delikten rückfällig wurden. Dabei ist natürlich zu bedenken, dass mit den BZR-Daten nur im Hellfeld liegende Straftaten berücksichtigt werden können, d. h. die Dunkelziffer von z. B. nicht zur Anzeige gebrachten Delikten bleibt völlig unberücksichtigt). Dennoch sprechen die Ergebnisse bislang gegen die Behauptung, dass es eine starke Korrelation oder auch einen häufig postulierten kausalen Zusammenhang zwischen KP-Delikten und Hands-on-Delikten an Kinder gibt.