Reform des schweizerischen Sexualstrafrechts

Reform des schweizerischen Sexualstrafrechts

Vergewaltigung und andere sexuelle Übergriffe werden schon lange nicht mehr als Angriffe auf die (weibliche) Ehre, sondern als Verletzungen des grund- und menschenrechtlich geschützten Rechts auf sexuelle Selbst­bestim­mung verstanden. Mit der sexuellen Selbstbestimmung als dem zu schützendem Rechtsgut des Sexualstrafrechts liegt es nahe, bei der strafrechtlichen Bewertung von Sexualkontakten die Frage der Einwilligung aller Beteiligten ins Zen­t­rum zu stellen. Immer mehr europäische Länder richten deshalb ihr Sexualstrafrecht konsequent entlang des Kon­zepts der (fehlenden) Einwilligung aus und definieren insbesondere Vergewaltigung als «Geschlechts­verkehr ohne Einwilligung».
Wie in einigen anderen europäischen Ländern wird allerdings auch in der Schweiz Vergewaltigung immer noch als «erzwunge­ner Geschlechts­verkehr» definiert und damit die Anwendung eines Nötigungsmittels durch den Täter vorausgesetzt. Wer «nur» ein «Nein» übergeht oder sich über nonverbale Zeichen der Ablehnung hinwegsetzt, be­geht nach aktuellem Schweizer Recht nicht in jedem Fall eine Vergewaltigung oder eine sexuelle Nötigung. Mitt­ler­weile wird aber auch in der Schweiz über eine Re­form des materiellen Sexualstrafrechts bzw. über die Einführung eines konsensbasierten Vergewaltigungstatbestandes dis­ku­tiert.
Das Ziel des Projektes ist es, den aktuellen Reformprozess zu beobachten, kritisch zu begleiten sowie die vor­ge­leg­ten Ge­set­zes­entwürfe zu diskutieren. Zu diesem Zweck wurde u.a. eine umfangreiche Stellungname anlässlich der Vernehm­lassung (Phase des schweizerischen Gesetzgebungsverfahrens) erarbeitet und eingereicht.

   
Forschungsschwerpunkt: II. Regulierung der intimen Beziehungen
Projektsprachen: Deutsch, Englisch
Foto: © Melodie Descoubes/Unsplash

 

Bisherige Veröffentlichungen

Scheidegger, N. (2018). Das Sexualstrafrecht der Schweiz: Grundlagen und Reformbedarf. Stämpfli: Bern.

Schei­deg­ger, N. (2019). Straf­recht­li­ches Neu­land: Ste­al­thing (Ur­teil­san­mer­kung),
FRI Newslet­ter (09/2019).
 

Scheidegger, N., Lavoyer, A., & Stalder, T. (2020). Reformbedarf im schweizerischen Sexualstrafrecht: «Egoistisch, rücksichtslos, kaltherzig» – aber strafrechtlich nicht relevant? Sui generis, 57–75. doi:10.21257/sg.122
Scheidegger, N. (2020). Kommentierung der Art. 187-200 StGB. In D. K. Graf (Hrsg.), StGB: annotierter Kommentar (S. 1146–1206). Bern: Stämpfli.
Scheidegger, N. (2020). Kommentierung der Art. 372-380a StGB. In D. K. Graf (Hrsg.), StGB: annotierter Kommentar (S. 1824–1837). Bern: Stämpfli.

Geplante Veröffentlichungen

  • Ba­lan­cing Se­xu­al Au­to­no­my, Re­spon­si­bi­li­ty, and the Right to Pri­va­cy: Prin­cip­les for Cri­mi­na­li­zing Sex by De­cep­ti­on, Ger­man Law Jour­nal, Spe­ci­al Is­sue 2021
  • Re­form des Se­xual­straf­rechts: Was bis­her ge­sch­ah (vor­aus­sicht­lich ZStrR)
  • Ver­nehm­las­sungs­ant­wort
 

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