Was bringen Strafen?
ARTE-Doku mit Max-Planck-Forscher Philipp Hirsch
Wer etwas anstellt, bekommt eine Strafe. Aber bringen Strafen das, was wir uns von ihnen erhoffen? Dieser Frage geht eine Dokumentation des deutsch-französischen Fernsehsenders ARTE nach. Zu Wort kommen Expertinnen und Experten aus den Bereichen Kriminologie, Psychologie und Rechtswissenschaft, darunter der Strafrechtstheoretiker Philipp-Alexander Hirsch, Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht in Freiburg.
Im Mittelalter gab es noch keine effektive Strafverfolgung. Die – teils enorm drastischen – Strafen dienten vor allem als Abschreckungseffekt; zudem sollten die Gestraften damit Sühne leisten. Die Idee der Vergeltung gibt es laut Philipp Hirsch in der straftheoretischen Debatte noch heute. Man spricht von den Retributivisten. Diesem Lager steht die präventive Straftheorie entgegen, bei der es um die Abschreckung geht.
Philipp Hirsch erklärt das deutsche System:
„Am Anfang steht die Strafandrohung.“ Diese verfolge klar das Ziel der Abschreckung; künftige Strafen sollen damit vermieden werden. „Dann gibt es das Moment der Strafverhängung und der Strafzumessung“. Diese diene dem Schuldausgleich, also der Vergeltung. „Am anderen Ende des Spektrums steht der Strafvollzug“. Dieser sei stärker von der Resozialisierung und Besserung des Straftäters getragen.
Der Film zeigt: Deutschland versucht alle drei Ziele – die Abschreckung (durch die Strafandrohung), die Vergeltung (durch die Strafverhängung) und die Resozialisierung (durch den Strafvollzug) zu vereinen. In anderen Ländern wie Frankreich und Norwegen steht dagegen die Resozialisierung viel mehr im Vordergrund. Insbesondere in Norwegen ist man deswegen auch bereit, viel Geld für Resozialisierungsprojekte in die Hand zu nehmen.
„Wir hier in Deutschland schließen Übeltäter aus, damit sie sich später besser in die Gemeinschaft integrieren. Ist das nicht widersinnig?“, wird eine Psychologin zitiert. Alle Expertinnen und Experten sind sich darüber einig, dass die Idee einer Gefängnisstrafe immer sorgfältig geprüft werden solle und Strafe und Wiedereingliederung immer „zusammen gedacht“ werden müssten. „Schade wäre bloß, wenn Strafen der einzige Grund blieben, ein guter Mensch zu sein“ – so das Fazit der Dokumentation.