„Es ist nicht so, dass früher alles besser war“

Kriminologe sieht langfristigen Trend zu weniger Kriminalität

7. Februar 2024

In Baden-Württemberg ereigneten sich in den vergangenen Wochen einige spektakuläre Straf- und Gewalttaten, über die in den Medien breit berichtet wurde. In einem Interview mit SWR aktuell ordnet der Kriminologe Dietrich Oberwittler die Zahlen in einen längerfristigen Kontext ein.

Im Januar 2024 waren mehrere Straf- und Gewalttaten – etwa eine Geiselnahme, die Tötung einer Schülerin oder eine eskalierte Zwangsräumung  im Schwarzwald-Baar-Kreis, bei der zahlreiche Waffen gefunden wurden – in den bundesweiten Schlagzeilen. Die Berichterstattung veranlasste den Südwestrundfunk (SWR) danach zu fragen, ob es derzeit einen Trend zu mehr Gewalt gebe. Im Vergleich der letzten 20 Jahre habe es keinen Anstieg im Bereich schwerer Gewalttaten gegeben, sagte Dietrich Oberwittler, der seit Jahren zu diesem Thema forscht, dem SWR. Im Gegenteil zeigten die Zahlen über diesen Zeitraum „nur fallende Trends“.

Zwar sind die Fallzahlen im Bereich der Gewaltkriminalität und im Deliktbereich Mord und Tot­schlag nach Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik für das Jahr 2023 gegenüber 2022 leicht gestiegen. Konkrete Zahlen hierzu wurden aber noch nicht herausgegeben. Soziologe Oberwittler sieht in diesen Anstiegen eine Art „Post-Corona-Effekt“. Nach der Pandemie habe es eine plötzliche Zunahme von schwerer Gewalt gegeben. Die Zahl der Taten sei in den Jahren davor aber bereits stark zurückgegangen. Auch bei versuchtem Totschlag gebe es „insgesamt eine flache oder leicht ansteigende Kurve“, bei den vollendeten Tötungsdelikten einen deutlichen Trend nach unten.

„Es ist nicht so, dass früher alles besser war. Langfristig gesehen ist ein Trend erkennbar zu einer sichereren Gesellschaft mit weniger Kriminalität“, fasst der Wissenschaftler zusammen. Dass die Gewalt in der Wahrnehmung vieler Menschen dennoch steigt, ist seiner Ansicht nach u. a. auf Me­dien­berichte zurückzuführen, die „ein schlechter Ratgeber“ seien, wenn es um die Einschätzung der Häufigkeit von Ereignissen geht.

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