Virtual Reality wird die kriminologische Forschung auf bahnbrechende Weise verändern
Artikel über MAXLab Freiburg im P.M. Magazin
Der Artikel „Verbrechen im Simulator“ in der Oktober-Ausgabe des Magazins P.M. beschäftigt sich mit der kriminologischen Forschung, die am MAXLab, dem VR-Labor des Max-Planck-Instituts zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht, betrieben wird.
Autor Joshua Kocher beschreibt darin das Problem der Kriminologen, dass sie nie dabei sind, wenn ein Verbrechen geschieht. Lange Zeit setzten sie nur auf Interviews oder Fragebögen, um das Verhalten von Kriminellen zu verstehen. „Diese Methode erlaubt aber immer nur einen Rückblick auf das Geschehen; Emotionen und Gedankengänge bei einem Verbrechen kann man damit nicht realitätsgetreu abbilden“, wird Jean-Louis van Gelder, Direktor am Max-Planck-Institut und Leiter der Abteilung Kriminologie, zitiert. Im vor rund eineinhalb Jahren eröffneten MAXLab Freiburg setzen van Gelder und sein Team daher VR ein, um zu erforschen, wie kriminelles Handeln entsteht.
Ein Leuchtturmprojekt der Freiburger ist das “Virtual Burglary Project”, das VR-Versionen von Wohngebieten nutzt, um das Verhalten von Einbrechern zu untersuchen. Das Besondere: Die Studie wird in Gefängnissen – bei verurteilten Einbrechern – durchgeführt. Diese „Experten“ erkunden die virtuelle Wohngegend so, als ob sie dort einen Einbruch begehen wollten. Eye-Tracking-Daten, die Beobachtung des räumlichen Verhaltens und die Messung der Schweißausschüttung und der Herzfrequenz der Teilnehmer helfen dabei zu beurteilen, ob und wie gut die verschiedenen Abschreckungsmaßnahmen funktionieren. „Mit VR können wir die Täter direkt bei der Ausführung beobachten“, wird van Gelder zitiert. Das Ziel: Das Verhalten von Einbrechern soll besser verstanden werden. Mögliche Präventionsmaßnahmen können erarbeitet werden und den Einbrechern künftig „die Arbeit schwerer machen“.
In der ersten Phase ihrer Forschungsarbeit mussten van Gelder und seine Kollegen erst einmal beweisen, dass Einbrecher in der virtuellen Umgebung die gleichen Entscheidungen treffen, wie sie es im echten Leben tun würden – um zu zeigen, dass Forschung mit VR überhaupt aussagekräftig ist. Das gelang Jean-Louis‘ Kollegin Claire Nee von der University of Portsmouth im Jahr 2015. In der nächsten Projektphase untersuchte van Gelders Team, wie wirksam verschiedene Präventionsmaßnahmen (Schilder, Alarmanlagen, etc.) sind. Für Phase drei wurden mehr als 160 Insassen in vier Gefängnissen in den USA virtuell auf „Einbruchstour“ geschickt. Die Ergebnisse werden derzeit noch ausgewertet und sollen ein noch nie da gewesenes Maß an Details über das Einbruchsverhalten liefern. Aus den Ergebnissen der Studien können in der Folge konkrete Hinweise erarbeitet werden, wie Kriminalität verhindert und ihre schädlichen Folgen minimiert werden können. Die Forschungsergebnisse fließen in die Ausbildung von Polizei und Justiz ein und helfen bei der Erarbeitung neuer Strategien und Gesetze. „Virtual Reality wird die kriminologische Forschung auf bahnbrechende Weise verändern“, sind sich die Wissenschaftler sicher.
P.M. ist ein Magazin, das wissenschaftliche Themen für die breite Öffentlichkeit anbietet. Die Zeitschrift besteht seit 1978 und hat nach eigenen Angaben eine Auflage von mehr als 100.000 Exemplaren.