Die Grenzen der Zivilcourage: Wie weit dürfen Privatpersonen das Recht selbst in die Hand nehmen?

Florian Slogsnat erhält Otto-Hahn-Medaille für innovativen Ansatz im Strafrecht

26. Juni 2025

Der Rechtswissenschaftler Florian Slogsnat erhält die Otto-Hahn-Medaille der Max-Planck-Gesellschaft für seine Doktorarbeit Rechtfertigender Notstand im demokratischen Rechtsstaat. Der Vorrang staatlicher Verfahren bei § 34 StGB. In seiner Arbeit entwickelt er einen differenzierten Ansatz zur Abgrenzung zwischen privaten Notstands­befugniss­en und staatlichen Verfahren. Darüber hinaus erhält er den Otto-Hahn-Award. Dieser ermöglicht ihm, in Zukunft als Otto-Hahn-Gruppenleiter wieder ans Institut zurückzukehren.

Besonders in Krisenzeiten lebt eine demokratische Gesellschaft von der Zivilcourage einzelner Personen. Doch welchen Grenzen unterliegen Privatpersonen, wenn sie das Recht selbst in die Hand nehmen und dabei evtl. Straftaten begehen? Welche Konflikte dürfen sie „auf eigene Faust“ lösen, und welche sind einer Lösung durch den Staat vorbehalten?

In Deutschland ist hier der sog. rechtfertigende Notstand nach § 34 StGB relevant. Danach kann eine Tat unter bestimmten Umständen straflos bleiben, wenn sie im Sinne bestimmter Kriterien erforderlich war. Gleichzeitig stehen der privaten Notstandsbefugnis vielfältige institutionalisierte Konfliktlösungsmechanismen gegenüber, wie beispielsweise die polizeiliche Gefahrenabwehr oder eine zivilgerichtliche Klage. Wo genau also liegt die Abgrenzung zwischen privaten Notstandsbefugnissen und staatlichen Verfahren?

Rechtsprechung und rechtswissenschaftliche Literatur behandeln zwar verschiedenste Kriterien, jedoch überschneiden und widersprechen sich diese zum Teil. Florian Slogsnat verbindet in seiner Dissertation nun verschiedene Theorien, Themenfelder und wissenschaftliche Traditionen und erarbeitet so einen differenzierten Ansatz, den er mit einer Vielzahl konkreter Beispielfälle untermauert. Mithilfe der von ihm entwickelten Kriterien lassen sich in Zukunft viele Fälle des § 34 StGB lösen, so das Fazit der Jury.

Florian Slogsnat war von 2020 bis 2023 Doktorand in der Abteilung Strafrecht des Max-Planck-Instituts zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht in Freiburg. Betreut wurde seine Arbeit von Tatjana Hörnle, Direktorin am Institut und Leiterin der Abteilung Strafrecht. Aktuell ist Florian Slogsnat Rechtsreferendar am Landgericht Tübingen.


Seit 1978 zeichnet die Max-Planck-Gesellschaft jedes Jahr bis zu 30 junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für herausragende wissenschaftliche Leistungen, die sie im Zusammenhang mit ihrer Dissertation erbracht haben, mit der Otto-Hahn-Medaille aus. Der Preis ist mit 7.500 Euro dotiert.

Besonders herausragende Preisträgerinnen und Preisträger der Otto-Hahn-Medaille erhalten mit dem Otto-Hahn-Award zudem die Möglichkeit, im Anschluss an einen Auslandsaufenthalt die Leitung einer kleinen Forschungsgruppe an einem Max-Planck-Institut zu übernehmen. Die Auszeichnung soll den Weg für eine längerfristige Wissenschaftskarriere in Deutschland ebnen.

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