Space, Contexts, and Crime – Unabhängige Forschungsgruppe

Space, Contexts, and Crime

Unabhängige Forschungsgruppe

Die Forschungsgruppe beschäftigt sich mit der Rolle von räumlichen Kontexten in der kriminologischen For­schung. Weite Bereiche der Kriminalität wie zum Beispiel Gewaltdelikte, Einbruchsdiebstähle oder Vandalismus sind in konkreten geographischen Räumen verortet. Kriminalität ist in Großstädten häufiger und stark auf be­stimm­te Stadtvier­tel und Mikro-Räume konzentriert. Warum leiden einige Städte und Wohngebiete unter einer hohen Krimi­na­li­täts­be­las­tung, und wie wirkt sich Kriminalität auf den sozialen Zusammenhalt und die weitere Entwicklung von Stadtvierteln aus? Wir wenden innovative Ansätze zur Erforschung der Ursachen und Folge­wirkun­gen von Krimi­na­li­tät in räumlichen Kontexten an und betrachten unterschiedliche Ebenen, von städtischen Mikro-Räumen und Stadt­vierteln bis zu größeren gesellschaftlichen Kontexten.

Foto: © iStock.com/chinaface


Forschungsthemen

Kriminalität und die soziale Dynamik urbaner Wohngebiete

Stadtviertel sind sehr unterschiedlich von Kriminalität und Unordnung betroffen. Eine lange Forschungstradition in der Kriminologie untersucht die Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen soziodemographischen Struk­tu­ren, kollektiven sozialen Prozessen und Kriminalität in urbanen Räumen. Gemäß dem „systemischen Modell“ sind soziale Ungleichheiten und Segregation mit sozialem Zusammenhalt und informeller Sozialkontrolle verbunden, die wie­der­um im Zusammenhang mit Kriminalität stehen. Subjektive Wahrnehmungen von Unordnung und Un­sicher­heit, Zufrie­den­heit mit dem Wohngebiet ebenso wie interethnische Beziehungen sind wichtige soziale Mechanis­men, die die Resilienz und Entwicklung urbaner Nachbarschaften mitbestimmen.

Wir beteiligen uns an dieser Forschung mit einer Langzeitstudie in 140 Stadtvierteln in Köln und Essen, in denen wir wiederholte Bewohnerbefragungen durchführen und diese mit Daten einer systematischen sozialen Beobachtung von Unordnung sowie Struktur- und Kriminali­täts­daten verbinden.

Kriminalität in Mikro-Räumen und der Nutzen von Big Data

Die zunehmende Verfügbarkeit georeferenzierter digitaler Daten ermöglicht die Erforschung der Heterogenität von Kri­mi­na­li­täts­phänomenen in sehr kleinen räumlichen Maßstäben. Zu den für die Kriminologie interessanten ‚Big Data‘ ge­hö­ren polizeiliche Notrufdaten ebenso wie Social Media- und Mobiltelefondaten. Allerdings bedeutet die Krimi­na­li­täts­analy­se in Mikro-Räumen eine Herausforderung sowohl für die Theoriebildung als auch für die statis­ti­sche Mo­dellierung. Die gegenwärtige Environmental Criminology bevorzugt die Theorie der Routine­aktivi­tä­ten einseitig auf Kosten stärker aus­ge­wo­ge­ner Theorieansätze. Auf der methodischen Seite wurden ‘Egohoods’ als ein innovativer Ansatz entwickelt, um räum­liche Effekte dort zu modellieren, wo Kriminalität sich wirklich ereignet, anstatt größere Stadtviertel zu untersuchen, wie es in der kriminologische Forschung seit Jahrzehnten üblich ist.

Makrogesellschaftliche Kontexte der Kriminalitätsfurcht

Unsicherheitswahrnehmungen sind komplexe soziale Kognitionen, die auf unterschiedlichen Ebenen von indi­vi­du­ellen Persönlichkeitsmerkmalen und sozialräumlichen Bedingungen bis hin zu makrogesellschaftlichen Kontexten geprägt werden. Neben der konkreten Furcht, Opfer von Straftaten zu werden, spielen auch die „expressiven“ Funktionen von Kri­mi­nalitätsfurcht als Ausdruck allgemeiner Sorgen eine wichtige Rolle. Die bisherige Forschung hat gezeigt, dass na­ti­o­na­le Wohlfahrtsregimes einen großen Teil der Varianz in der Kriminalitätsfurcht zwischen Ländern erklären können. Wir bau­en diesen Forschungsansatz aus, indem Länderunterschiede nicht nur im Querschnitt betrachten, sondern den Ein­fluss von Veränderungen sozio-ökonomischer Bedingungen auf die Kriminalitätsfurcht vor dem Hintergrund der Finanz­krise mit Daten des European Social Survey untersuchen.


Zur Redakteursansicht