Neue Impulse für die Opferhilfe
Fachsymposium diskutiert über effektiveres Strafrecht der Zukunft
Die traditionelle Strafjustiz und das Gefängniswesen in Europa stecken Fachkreisen zufolge in der Krise. Auf Einladung der Präsidentin des Bundesgerichtshofs (BGH), Bettina Limperg, und der weiteren Herausgeberinnen und Herausgeber der renommierten Fachbuchreihe Edition Seehaus [plus] zu Opferschutz, Resozialisierung und Restorative Justice kamen mehr als einhundert Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft, Justiz, Rechtspolitik, Opferschutzorganisationen, Polizei und Strafvollzug in Stuttgart zu einem zweitägigen Symposium zusammen, um Fragen rund um die Strafjustiz zu diskutieren.
Sie diskutierten über mehr und bessere Berücksichtigung der Opfer und ihrer Bedürfnisse im Strafverfahren, einen gerechteren Ausgleich der verletzten Rechte und Beziehungen, besseren Strafvollzug und vor allem eine effektivere Resozialisierung. Ein Schwerpunkt war der Ausbau der Möglichkeiten des Täter-Opfer-Ausgleichs, sodass Betroffene von Straftaten flächendeckend schnelle Begleitung bei der Verarbeitung des Erlebten, der Bewältigung von Traumata und der Wiedergutmachung durch Schadensersatz oder andere persönliche Leistungen erhalten können.
Opfer brauchen einen Anspruch auf restorative Ausgleichsformen
Max-Planck-Senior-Researcher Michael Kilchling, der sich seit Jahrzehnten wissenschaftlich mit strafrechtlichen Sanktionensystemen und dem Strafvollzugsrecht beschäftigt, plädierte auf der Veranstaltung für eine Stärkung des Täter-Opfer-Ausgleichs und anderer restorativer Ausgleichsformen. „Restorative Ausgleichsformen wie der Täter-Opfer-Ausgleich müssen künftig zu einem echten (Rechts-) Anspruch für die Beteiligten – und dabei insbesondere die betroffenen Opfer und ihre Angehörigen – weiterentwickelt werden“, forderte der Rechtswissenschaftler.
Weitere Anregungen, die diskutiert wurden, waren neue Formen der digitalen Überwachung und die soziale Wiedergutmachung durch Arbeitsleistungen im Sozialbereich. Hierfür brauche es aber auch finanzielle Mittel – eine Forderung, die an die anwesende baden-württembergische Justizministerin Marion Gentges herangereicht wurde.
- Das Symposium: "Gerechtigkeit und Wiedergutmachung: Neue Impulse für Opferhilfe und Strafrecht der Zukunft" fand am 23. und 24. September in Stuttgart statt. Anlass der Veranstaltung war das 10-jährige Bestehen der Opferhilfearbeit des Seehaus e.V.