Professionelle Einbrecher merken sehr schnell, wenn die Menschen eines Wohngebiets aufmerksam sind. Das ist das Ergebnis einer Virtual-Reality-Studie, die Kriminologen des Max-Planck-Instituts zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht durchgeführt haben.
In dem Experiment wurden rund 350 Testpersonen gebeten, virtuelle Wohngebiete auf der Suche nach potenziellen Einbruchszielen zu durchstreifen. Bei etwa der Hälfte der Personen handelte es sich um erfahrene Einbrecher. Die andere Hälfte hatte keine Erfahrung mit Einbrüchen. In drei von vier Versuchsfällen stand ein Bewohner vor seinem Haus. Seine Aufmerksamkeit variierte – je nach Szenario. Im Kontrollversuch war der Bewohner abwesend.
Das Experiment ergab, dass die bloße Anwesenheit eines Bewohners auf beide Gruppen eine abschreckende Wirkung hatte. In den Fällen, in denen ein Nachbar präsent war, ließen sich alle Einbrecher von ihrem Vorgehen abhalten – relativ unabhängig davon, wie sich der Nachbar verhielt, ob er etwa in die Richtung des Einbrechers blickte. In anderer Hinsicht gab es jedoch Unterschiede im Vorgehen der beiden Gruppen: Die erfahrenen Einbrecher verbrachten deutlich weniger Zeit in der Wohngegend und legten kürzere Wegstrecken zurück. Aufgrund ihrer überlegenen „Sachkenntnis“ waren sie beim Auskundschaften effektiver.
„Das Ergebnis an sich ist nicht besonders überraschend. Das Spannende ist jedoch, dass in dem Experiment echte Straftäter ihre Sachkenntnis demonstrieren. Für uns ist es ein guter Weg, kriminelle Handlungen besser zu verstehen“, erklärt Projektleiter Jean-Louis van Gelder. Der niederländische Forscher leitet die Abteilung für Kriminologie am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht in Freiburg und ist einer von drei Direktoren des Instituts. „Die Virtuelle Realität ermöglicht Experimente, die in der realen Welt nicht durchführbar, aber auch unethisch wären“, sagt Van Gelder. Die VR-Technologie biete erstmals die Möglichkeit, das Verhalten von Tätern realistisch nachzustellen und zu untersuchen.
Das “Virtual Burglary Project” ist ein gemeinsames Forschungsprojekt des Max-Planck-Instituts zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht in Freiburg, der Universität Portsmouth (UK) sowie der Vrije Universiteit Amsterdam und der Universität Leiden (beide Niederlande).
Literatur:
- Van Sintemaartensdijk, I., Van Gelder, J.-L., Van Prooijen, J.-W., Nee, C., Otte, M., & Van Lange, P. (2020). Mere presence of informal guardians deters burglars: a virtual reality study. Journal of Experimental Criminology.
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Projektleitung:
- Prof. Dr. Dr. Jean-Louis van Gelder
Direktor, Leiter Abteilung Kriminologie
Tel.: +49 761 7081-700 (Sekretariat)
sek-kriminologie@csl.mpg.de
- Dr. Gunda Wössner, Dipl.-Psych.
Tel.: +49 761 7081-289
g.woessner@csl.mpg.de
- Dominik Gerstner, M.A. (Sociology)
Tel.: +49 761 7081-245
d.gerstner@csl.mpg.de